Fleischersatzprodukte werden derzeit stark angepriesen. Sie sollen nachhaltiger sein und auch gesünder. Ein kritischer Blick genügt, um festzustellen, dass diese Nahrungsmittel hochindustriell verarbeitet sind und in puncto Gesundheit oft deutlich schlechter abschneiden als Ihr Ruf. Regelmäßig finden sich in diesen Produkten hohe Mengen an Fett, Salz, Zucker und auch Geschmacksverstärker. Hilfreich für eine gesundheitsbewusste Ernährung ist das sicher nicht, insbesondere für Personengruppen, die bestimmte Diäten einhalten müssen oder versuchen, ihr Gewicht zu reduzieren.

Phytohormone im Soja gleichen dem Östrogen

In vielen dieser Fleischimitate steckt Soja als Hauptbestandteil und Proteinquelle. Für den Zellstoffwechsel und den Muskelerhalt sind Proteine lebenswichtige Nährstoffe. Ein durchschnittlicher Erwachsener mit 60-80 Kilogramm Körpergewicht benötigt 52-70 Gramm pro Tag. Soja liefert einiges davon. Der Proteingehalt der Soja-Bohne liegt bei 36 Prozent. Aus diesem Grund sind beispielsweise Shakes auf Sojabasis bei Sportlern, die vegan leben, sehr beliebt.

Ob nun als Proteinquelle in Fleischimitaten, in Pulverform für Shakes, als veganer Milchersatz oder pur als Tofu: Aus gesundheitlicher Sicht ist Soja durchaus umstritten. Grund sind die darin enthaltenen Isoflavone, zu denen auch die Gruppe der Phytohormone zählt. Diese ähneln in ihrem chemischen Aufbau dem menschlichen Sexualhormonen Östrogen. Hormone sind hochwirksame Stoffe, die im Körper an vielen Stoffwechselaktivitäten regulativ beteiligt sind. Gerät diese Regulation aus dem Ruder, können die Folgen für den Organismus gravierend sein.

Wirkung bei Erwachsenen und Kleinkindern unterschiedlich

Es stellt sich logischerweise die Frage, welche Wirkung zusätzlich zugeführte hormonähnlichen Pflanzenstoffe auf die Gesundheit haben? Die Studienlage hierzu ist nicht schlüssig und zuweilen gehen die Schlussfolgerungen weit auseinander: Mit demselben Datenbestand gelangen Forscher einmal zur Aussage, dass die "Hormonwirksamkeit" von Soja für die Entstehung von Krebs begünstigend wirken könnte und ein anderes Mal, dass sie eine präventive Wirkung haben könnte. Meldungen, dass der Verzehr von Soja bei erwachsenen Männern zu einer Art "Verweiblichung" führt, dürften hingegen eher übertrieben sein. Nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass diese Phytoöstrogene unter Umständen einen negativen Einfluss auf die männliche Fruchtbarkeit haben. Zu diesem Ergebnis gelangte eine Studie, die bei Cordis, der primären öffentliche Quelle der Europäischen Kommission vorgestellt wurde.

Bei Babys liegt die Sache nochmal etwas anders: Das Bundesinstitut für Risikobewertung hält Sojamilch für die Ernährung von Säuglingen für nicht empfehlenswert. Sie stellt von ihrem Nährstoffgehalt keinen adäquaten Ersatz für Muttermilch dar und als Säuglingsanfangs- und Folgenahrungen auf Basis von Sojabohneneiweiß sind als diätetische Lebensmittel einzustufen. Dieser Beitrag von apotheke adhoc fasst die Problematik sehr gut zusammen.

Bei ganz jungen Menschen, die noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen, können zuätzlich von außen zugeführte Hormone zu unerwünschten Veränderungen führen. US-Forscher beobachteten bei Säuglingsmädchen, die mit Sojaprodukten ernährt wurden, Veränderungen in der Entwicklung der Gebärmutter und des Genitalgewebes. Bei Jungen zeigten sich Veränderungen bei der Entwicklung der Brustknospung. Ob und inwieweit diese Abweichungen in der Entwicklung von Dauer sein könnten, ist allerdings unklar.

Sachliche Auseinandersetzung mit Risiken geboten

Ein gesundes Maß an Vorsicht scheint angeraten. Die Hinweise, dass Soja nicht die vielgepriesene bessere Proteinquelle ist, brauchen dieses Nahrungsmittel zwar nicht gleich auf eine "schwarze Liste" zu befördern, und für einen gesunden Erwachsenen bleibt - sachlich betrachtet - ein moderater Konsum vermutlich unproblematisch.

Ebenso verhält es sich natürlich beim Fleisch - der wichtigsten Proteinquelle für über 90 Prozent der Menschen. Hier werden jedoch vor allem die vermeintlichen Risiken des Konsums von Rind- und Schweinefleisch in den Vordergrund gestellt. Dabei existiert keine Studie mit evidenten Beweisen für eine krankmachende Wirkung von rotem Fleisch. Generell etwas Achtsamkeit bei seiner Lebensführung walten zu lassen, hat aber sicher noch nie geschadet. Auch wenn die Ernährung letzten Endes lediglich eine Komponente im individuellen Gesundheitsgeschehen darstellt, trägt sie doch viel zum persönlichen Wohlbefinden bei, dem Erhalt der Vitalität und der Leistungsfähigkeit.