Gesundheit hängt von vielen Faktoren ab

„Die in Deutschland vorwiegend in Laienmedien verbreitete Sicht, rotes Fleisch sei gesundheitsschädlich, ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft nicht gerechtfertigt“, so kommentiert die Fachzeitschrift Cardiovac neuste Studienergebnisse rund ums Fleisch und Gesundheit. Trotzdem halten sich Aussagen, die Fleisch als gesundheitsgefährdend brandmarken hartnäckig. Ganz oben auf der Liste steht dabei Krebs.

Keiner wird leugnen, dass Krebs eine furchtbare Krankheit ist. Laut RKI erkranken jedes Jahr ca. 500.000 Menschen neu an Krebs. Die Gründe sind vielfältig: Hauptursache ist sicherlich das Alter, dazu kommen genetische Ursachen, Umweltfaktoren sowie der Konsum von Alkohol und Tabak. Viren können Krebs auslösen und auch die allgemeine Lebensführung mit individuellem Gesundheitsverhalten, regelmäßige Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen, Bewegung und Ernährung spielen eine bedeutende Rolle.

Gesundheitsfaktoren

Gerade bei der Ernährung, einem Stellrad, dass sich auf den ersten Blick relativ leicht beeinflussen lässt, stellt sich die Frage, inwieweit der Fleischverzehr „krebsbegünstigend“ sein kann. Durchforstet man das Internet scheint kein Zweifel daran zu bestehen, dass Fleisch – besonders verarbeitetes (Wurstwaren, Salami, konservierte Fleischerzeugnisse wie Corned Beef, usw.) und rotes Fleisch – ein Auslöser sein kann. Demzufolge fühlen sich viele Menschen stark verunsichert. Aus diesem Grunde ist es außerordentlich wichtig, diesen scheinbar bestätigten „Fakt“ wissenschaftlich auf den Prüfstein zu stellen.

Irreführende Angaben der WHO

Die überwiegende Mehrheit dieser Artikel beruft sich auf die Auswertung von 800 internationalen Studien zum Thema Ernährung durch die WHO. Tatsächlich waren es jedoch nur 10 Studien. Ergebnis dieser Auswertung war, dass die WHO verarbeitetes Fleisch als krebserregend einstufte – es damit auf eine Stufe mit Tabak- und Alkoholkonsum setzte – und rotes Fleisch als wahrscheinlich krebserregend. Kommuniziert wurde dies im Herbst 2015 durch die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), die für die WHO tätig ist, mittels einer Pressemitteilung. Darin wurden dramatisch klingende Zahlen genannt: So soll durch den regelmäßigen Verzehr (laut WHO ab 50g/täglich) von verarbeitetem Fleisch das relative Risiko an Darmkrebs zu erkranken um 18 Prozent steigen. Die entscheidende Frage lautet aber, 18 Prozent wovon? Es bedeutet keinesfalls von der Gesamtheit der Bevölkerung. Statistisch erkranken 5 von 100 Menschen im Laufe ihres Lebens an Darmkrebs. Eine Steigerung um 18 Prozent würde einen Anstieg um eine Person bedeuten. Also würden, falls ein Zusammenhang besteht, nun 6 von 100 erkranken. Das ist eine ganz andere Größenordnung. Das Netzwerk für evidenzbasierte Medizin schreibt zu diesem Punkt:

„Dies ist jedoch die relative Risikosteigerung; viel relevanter ist die absolute Risikosteigerung. Gehen wir davon aus, dass Männer im Alter von 45 Jahren ein durchschnittliches Risiko von 0,4 Prozent haben, innerhalb der nächsten 10 Jahre an Darmkrebs zu erkranken und dass dieses Risiko bei 75-Jährigen bei 3,4 Prozent liegt (Frauen haben ein geringeres Risiko). Eine dem Konsum von verarbeitetem Fleisch geschuldete Erhöhung um 18 Prozent würde ungefähr folgende Risiken ergeben: 0,5 Prozent bei 45-jährigen und 4 Prozent bei 75-jährigen Männern, entsprechend einer absoluten Risikoerhöhung von 0,1 Prozent für 45-Jährige beziehungsweise 0,6 Prozent für 75-Jährige.“

Bei den von der WHO herangezogenen 10 Studien handelt es sich zudem um sogenannte Beobachtungsstudien (genau: Kohorten-Studien), deren Aussagekraft mit Vorsicht zu genießen ist:

„Nachteile von Kohorten-Studien sind, dass sie oft viele Jahre dauern und anfällig für Verzerrungen sind. Um wirklich Ursachen ausmachen zu können, müssen sehr viele mögliche Einflussfaktoren beobachtet, erfasst und dokumentiert werden – und selbst dann ist es möglich, dass die tatsächliche Ursache nicht erfasst und damit nicht erkannt wird.“ (Quelle: stifung-gesunheit.de)

Methodik und Ergebnisse sind zweifelhaft

Sowohl die Herangehensweise als auch die Datenlage und erst recht die Schlussfolgerung der WHO stehen wissenschaftlich auf sehr schwachen Füssen. Insbesondere die Gleichsetzung des Verzehrs von verarbeiteten Fleisch mit dem Konsum von Tabak und Alkohol wirkt höchst unseriös. Nach vorsichtigen Schätzungen sterben weltweit jedes Jahr eine Million Menschen an den Folgen des Rauchens und 600.000 am Alkoholkonsum (die Dunkelziffer könnte sogar deutlich höher liegen). Zudem existiert ein medizinisch erwiesener Kausalzusammenhang zwischen vielen schweren, chronischen Krankheiten und dem Tabak- und Alkoholkonsum. Ein solcher Kausalzusammenhang ist beim Verzehr von Fleisch nicht ansatzweise herstellbar. Hierzu schreibt das Netzwerk für evidenzbasierte Medizin:

„Auch suggeriert die Aussage der Pressemitteilung der IARC, dass eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung vorliegt (je 50 g um 18 Prozent); allerdings scheint es ab 140 g täglich keine weitere Risikoerhöhung zu geben. Und selbst wenn diese Assoziation zwischen „Fleischkonsum“ und kolorektalem Karzinom besteht, sind Aussagen zur Kausalität problematisch. Daten zum Verzehr bestimmter Nahrungsmittel(-gruppen) basieren meist auf Beobachtungsstudien wie Querschnitts-, Kohorten- oder Fall-Kontroll-Studien. Ergebnisse aus solchen Studien lassen jedoch – wenn überhaupt – nur stark eingeschränkt Rückschlüsse auf Kausalzusammenhänge zu.“

Die Panikmache der Bevölkerung, ausgelöst durch eine Mitteilung der WHO, deren Beweiskraft mehr als zweifelhaft erscheint, ist zuletzt der übergroßen Bereitschaft vieler Medien geschuldet, effekthascherisch Themen aufzugreifen und sie wenig geprüft, in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Das alles wird sehr sachlich in diesem kurzen Clip der bekannten Wissenschaftssendung Quarks & Co. wiedergegeben: https://www.youtube.com/watch?v=xCeIfVGedr0