Fokus Fleisch: Herr Prof. Dr. Kuhlmann, laut Ihrer Forschung[1] trägt die Nutztierhaltung nicht zur Erderwärmung bei. Wie gelangen Sie zu dem Ergebnis?

Es geht bei dieser Frage vor allem um Wiederkäuer und ihre Methan-Emissionen aus Verdauungsvorgängen und dem Wirtschaftsdünger-Management. Die Nutztierhaltung trägt deshalb nicht zur Erderwärmung bei, da ihre Emissionen durch den zugehörigen Futterbau wieder neutralisiert werden. Es handelt sich um einen geschlossenen Kreislauf aus Emissionsquelle und Emissionssenke.

Fokus Fleisch: Sie unterscheiden dabei zwischen verschiedenen Arten von Methan-Emissionen.

Methan stammt aus zwei Quellen, nämlich der geogenen und der biogenen Quelle. Geogenes Methan ist das, was wir als Erdgas bezeichnen. Es handelt sich um einen fossilen Energieträger. Bei der Erdgas-Verbrennung entsteht CO2, das zur Klimaerwärmung beiträgt. Aber auch ohne Verbrennung oxidiert Methan in der Atmosphäre nach etwa 10 Jahren zu Kohlenstoffdioxid. Dem CO2 aus biogenem Methan steht mit dem Futterpflanzenanbau, wie beschrieben, allerdings eine natürliche Senke gegenüber: Die Futterpflanzen binden das Gas. Geogenes Methan hat keine Senke und wirkt sich deshalb so stark auf das Klima aus.

VDF Grafik Temperaturanstieg v02

Fokus Fleisch: Welchen Schluss ziehen Sie daraus?

Ursache für den Klimawandel ist die Nutzung fossiler Energieträger und nicht die Nutztierhaltung. Das wird schon an Folgendem deutlich: Vor der Industrialisierung und der Verbrennung fossiler Rohstoffe gab es keine menschengemachte Klimaerwärmung, Nutztierhaltung gab es aber schon lange zuvor. Dabei ist auch der Maßstab der Tierhaltung unerheblich. Große Tierbestände emittieren zwar viel Klimagas, erfordern aber auch den Anbau großer Mengen an Futterpflanzen, die es binden. Die Emissionen kleiner Tierbestände sind zwar geringer, jedoch ist auch die Klimagassenke durch den reduzierten Futteranbau kleiner. Unabhängig von der Größenordnung der Nutztierhaltung ist die Bilanz von Quelle und Senke also ausgeglichen.

Fokus Fleisch: Deshalb gehen Sie davon aus, dass der landwirtschaftliche Emissionsanteil deutlich geringer ist als vom Umweltbundesamt berechnet?

Referenz meiner Studie sind die Zahlen für das Jahr 2018. Das Klimainventar der Bundesregierung weist dort einen Anteil der Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen von 7,4 Prozent aus – hauptsächlich durch Methan und Lachgas sowie einer relativ geringen Menge an CO2. Berücksichtigt man jedoch, dass die biogenen Methan-Emissionen aus der Nutztierhaltung nicht klimawirksam sind, sinkt der Beitrag der Landwirtschaft auf 3,8 Prozent. Dieser Anteil verringert sich sogar noch weiter auf 1,5 Prozent, wenn man in der Rechnung nur die Emissionen berücksichtigt, die über den Wert des Jahres 1850, also vor dem Beginn der Industrialisierung und des menschengemachten Klimawandels, hinausgehen.