Die Landwirtschaft macht etwa 8 % der deutschen Treibhausgasemissionen aus. Sie ist damit im Vergleich zu Verkehr, Industrie und Wohnen jedoch nur ein kleiner Bereich. Neben Kohlendioxid (CO2) zählt vor allem Methan (CH4) zu den Klimagasen, die die Landwirtschaft emittiert. Methan-Emissionen entstehen aber nicht nur bei der Verdauung der Rinder, sondern auch bei der Ausbringung von Gülle und der Futtermittelproduktion. Oft wird daher eine deutliche Reduktion der Tierbestände gefordert. Doch im 21. Jahrhundert können globale Probleme nicht mit lokalem Verzicht auf Tierhaltung oder den Fleischkonsum gelöst werden. Die Lösung liegt im Bereich der Forschung und Entwicklung von technischen Innovationen.
Methan-Emission aus der Gülle um 99 Prozent reduzieren
Nun weist eine Studie der Universität Bonn [1] einen Weg zur Verringerung landwirtschaftlicher Emissionen: Laut den Studienergebnissen kann die Methan-Emission aus der Gülle mit einfachen und äußerst kostengünstigen Mitteln um 99 Prozent reduziert werden. Dazu haben die Bonner Forscher Gülle von einem Bauernhof im Labor mit Kalkstickstoff versetzt. Das Resultat: Die Methanproduktion kam fast vollständig zum Erliegen.
Insgesamt sanken die Methan-Emissionen um 99 Prozent. Dieser Effekt begann bereits eine knappe Stunde nach der Zugabe und hielt bis zum Ende des Experiments ein halbes Jahr später an. Die lange Wirksamkeit ist wichtig, da Gülle nicht einfach entsorgt wird. Stattdessen wird sie bis zum Beginn der folgenden Vegetations-Periode gelagert und dann als wertvoller Dünger auf die Felder ausgebracht. Monatelange Lagerzeiten sind daher durchaus üblich.
In dieser Zeit wird die Gülle von Bakterien und Pilzen umgebaut: Sie zerlegen unverdautes organisches Material zu immer kleineren Molekülen. Am Ende dieser Prozesse entsteht Methan. „Kalkstickstoff unterbricht diese Kette chemischer Umwandlungen, und zwar gleichzeitig an verschiedenen Stellen, wie wir bei der chemischen Analyse der entsprechend behandelten Gülle sehen konnten“, erklärt Wissenschaftler Felix Holtkamp. „Die Substanz unterdrückt den mikrobiellen Abbau von kurzkettigen Fettsäuren, einem Zwischenprodukt der Kette, und deren Umwandlung in Methan. Wie dies genau geschieht, ist noch unbekannt.“
Kalkstickstoff wird seit 100 Jahren in der Landwirtschaft als Düngemittel verwendet. Die Zugabe zur Gülle hat aber noch weitere Vorteile: Sie reichert die Gülle mit Stickstoff an und verbessert so ihre Düngewirkung.
Ein weiterer positiver Effekt könnte die Reduzierung der Ammoniak-Freisetzung sein: „Wir haben erste Hinweise darauf, dass sich die Ammoniak-Menge langfristig ebenfalls reduziert“, sagt Dr. Manfred Trimborn vom Institut für Landtechnik der Universität Bonn.
Auch die Gesetzgebung müsste wohl künftig dem neusten Stand der Wissenschaft angepasst werden: Bisher verhindert ein Umweltgesetz den Zusatz von Kalkstickstoff in der konventionell gelagerten Gülle.
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