Vegane „Ersatzprodukte“ - auch wenn häufig hochverarbeitet - werden oft mit einer positiven Auswirkung auf die Gesundheit beworben. Doch stimmt das eigentlich? Eine niederländische Studie [1] – veröffentlicht im Oktober 2024 in der wissenschaftlichen Zeitschrift „The Journal of nutrition, health and aging“ – nahm die gesundheitlichen Aspekte einer Umstellung auf pflanzliche Ernährung bei älteren Personen unter die Lupe und kam zum Schluss: Der komplette Verzicht auf Produkte tierischer Herkunft hat erhebliche negative Auswirkungen auf die korrekte Proteinversorgung.
Menge und Qualität des Eiweißes ohne tierische Produkte ist unzureichend
Wenn ältere Erwachsene tierische Eiweißquellen durch pflanzliche Lebensmittel – darunter auch vegane Ersatzprodukte – ersetzen, verringert sich sowohl die Menge als auch die Qualität des Eiweißes, so die Studie aus den Niederlanden. Bei einer veganen Ernährung sind die Auswirkungen auf die Proteinzufuhr gravierend: Das Risiko einer unzureichenden Eiweißzufuhr droht. Denn für beide Geschlechter sinkt die Proteinversorgung auf 83,3 Prozent unterhalb des geschätzten durchschnittlichen Bedarfs für verwertbares Protein, so die Studienergebnisse [1].
Dabei haben gerade die Senioren einen erhöhten Bedarf [2] an Proteinen. Das Problem betrifft aber nicht nur die älteren Jahrgänge: Auch bei Kindern, Schwangeren und stillende Frauen sollte man ganz besonders auf die ausreichende Versorgung mit qualitativ hohen Proteinen achten, wie eine weitere Fallstudie zeigt [3].
Doch warum ist das so?
![Protein in Altersphasen web](https://www.fokus-fleisch.de/assets/uploads/images/_1024xAUTO_crop_center-center_none/Protein-in-Altersphasen_web.jpg)
Tierische und pflanzliche Proteine: Erhebliche Unterschiede beim ernährungsphysiologischen Wert
Der tägliche Bedarf an Proteinen darf nicht rein mathematisch errechnet werden, denn die Unterschiede zwischen den tierischen und pflanzlichen Proteinen sind groß. Vor allem die Bioverfügbarkeit tierischer Eiweißquellen ist meist höher als bei den pflanzlichen Proteinquellen.
Doch auch wenn man rein rechnerisch an die Eiweißmenge bzw. die Versorgung mit Proteinen herangeht, wird schnell klar: Um auf die gleiche Menge (die Qualität wird erst gar nicht berücksichtigt) Proteine zu kommen, müsste man bei pflanzlichen Quellen gleichzeitig deutlich mehr Kalorien zu sich nehmen:
![Vergleich Proteingehalte Kalorien web](https://www.fokus-fleisch.de/assets/uploads/images/_1024xAUTO_crop_center-center_none/Vergleich-Proteingehalte-Kalorien_web.jpg)
Dabei ist es gerade mit dem voranschreitenden Alter wichtig auf das Gewicht zu achten, denn das Übergewicht geht mit Herzkreislauferkrankungen und Diabetes einher.
Also, bestätigt nun auch die niederländische Studie, dass ausschließlich pflanzliche Nahrungsquellen (einschließlich veganer Ersatzprodukte) für eine ausreichende Proteinversorgung nicht geeignet sind. Und zwar was die Menge, aber vor allem die Qualität der Proteine angeht.
Der gesunde Menschenverstand: Irgendwie „schon immer gewusst“?
Doch was die neue Studie aus den Niederlanden belegt, scheinen die meisten Verbraucher in Deutschland längst gewusst zu haben. Auch wenn Fleischersatzprodukte als Dauerthema durch die Medien geistern, scheint bei der Mehrheit der Verbraucher noch große Skepsis zu bestehen. Lediglich 19% der Befragten bei einer repräsentativen Umfrage, die im August 2024 im Auftrag von Fokus Fleisch durchgeführt wurde, gaben an, Fleischersatzprodukte regelmäßig (mindestens einmal in der Woche) zu konsumieren. Doch auch das sollte nicht überschätzt werden: „Im Jahr 2023 betrug der Wert von in Deutschland produziertem Fleisch und Fleischerzeugnissen 44,8 Milliarden Euro und damit fast das 80-fache des Wertes der Fleischersatzprodukte“, so die Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes [4].
![FF Umfrage 6](https://www.fokus-fleisch.de/assets/uploads/images/_1024xAUTO_crop_center-center_none/FF-Unfrage_6.jpg)
Die Fokus-Fleisch-Umfrage lieferte auch weitere interessanten Erkenntnisse. Es gab eine Möglichkeit gleich mehrere Antworten auf die Frage zu der persönlichen Einstellung zu Fleischersatzprodukten zu wählen. Für 42% der Befragten ist Fleischersatz „keine Alternative zum Fleisch, sondern höchstens eine seltene Abwechslung“. 37% sehen Fleischersatz als „ein hochverarbeitetes Produkt mit nicht geklärten Auswirkungen auf die Gesundheit“,
während 21% solche Produkte sogar für „eine Ressourcenverschwendung“
halten.
[1] Für die Simulationsstudie wurden Daten von älteren Erwachsenen aus der niederländischen Nationalen Erhebung über den Lebensmittelkonsum aus den Jahren 2019-2021 verwendet. Dabei wurde die Proteinverfügbarkeit als Gesamtprotein, verdauliches Protein und verwertbares Protein (basierend auf dem verdauungskorrigierten Aminosäurescore) ausgewertet. Der Messung vom Prozentsatz der Proteinversorgung wurde der geschätzte durchschnittliche Bedarf für verwertbares Protein zugrunde gelegt.
A vegan dietary pattern is associated with high prevalence of inadequate protein intake in older adults; a simulation study. www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1279770724004482
[2] https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/ausgewaehlte-fragen-und-antworten-zu-protein-und-unentbehrlichen-aminosaeuren/#c3498
[3] Infantile tremor syndrome with global developmental delay and microcephaly in a 16-month-old male: a case report. Shah, Ujjwal Kumar MBBS; Chaudhary, Shipra MD; Ghimire, Aasha MDb; Shah, Neha MBBS; Muskan, Vitasta MBBS.
Annals of Medicine & Surgery 86(5):p 3180-3183, May 2024 | DOI:10.1097/MS9.0000000000002020
https://journals.lww.com/annals-of-medicine-and-surgery/fulltext/2024/05000/infantile_tremor_syndrome_with_global.128.aspx
[4] www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/05/PD24_N018_42.html