Fleischkonsum weltweit auf Wachstumskurs

Während Fleischproduktion und -konsum bei uns in Deutschland bereits seit Jahren rückläufig sind, steigen sie weltweit an. Dieser Anstieg wird sich nach Prognosen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) vor allem in den Schwellenländern weiter fortsetzen. Die deutsche Landwirtschaft arbeitet - im Hinblick auf Klimaschutz - effizient und mit einem geringen Ausstoß an Klimagasen. Während die Tierhaltung weltweit für 14,5 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, sind es in Deutschland für die gesamte Landwirtschaft gerade einmal 7,8 Prozent [1]. Sie ist also aus Klimagesichtspunkten sehr effektiv. Zum Vergleich, der Verkehrssektor in Deutschland steht für knapp 20 Prozent der Emissionen. Diese entstammen fossilen Energieträgern und nicht einem biogenen Kreislauf.

Zuletzt sind die Emissionen der Landwirtschaft laut Umweltbundesamt um 2 Prozent zurückgegangen. Die Vorgaben des Bundes-Klimaschutzgesetzes wurden so um mehr als 10 Prozent unterschritten. Im Langzeitvergleich wird dieser Trend noch deutlicher: So beträgt der Rückgang des Jahres 2020 gegenüber 1990, dem Referenzjahr der Klimaschutzpolitik, sogar 21 Prozent. Die Landwirtschaft wird auch weiterhin mit geeigneten Reduktionsstrategien ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Nochmal zum Verkehr – dort stiegen die Emissionen zuletzt sogar an. Landwirtschaft auf Klimaschutzkurs.

Leakage – Produktionseinschränkungen hier nützen dem Klima nichts

Wer also einen weiteren Abbau der Tierbestände in Deutschland fordert und verkennt, dass die Fleischproduktion als Konsequenz daraus an andere Orte mit weniger Klimaschutz verlagert würde, ignoriert die Realitäten einer leistungsstarken sowie an klimatische Bedingungen angepassten Primärerzeugung von Lebensmitteln. Die Verlagerung von Klimagasen durch Produktionsverlagerung nennen Fachleute Leackage. Eine Studie der Uni Kiel [2] hat dazu festgehalten, dass Emissionseinsparungen bei uns in anderen Ländern durch mehr Produktion fast vollständig aufgefressen würden. Klimaschutz muss global denken.

Indem wir das Beste aus den Bedingungen in den jeweiligen Regionen holen, sichern wir unsere Versorgung mit Lebensmitteln aus nationaler Produktion und leisten einen Beitrag für die Versorgungssicherheit auf der ganzen Welt. Deutschland würde bei einer weiteren Reduktion der Tierbestände leichtfertig Produktionsverlagerungen und Einkommensverluste in Kauf nehmen. Die Folgen sind jetzt schon sichtbar: Immer mehr deutsche Landwirte steigen aus der Tierhaltung aus, die nach den weltweit höchsten ökologischen und tiergerechten Standards betrieben wird. So würden wir uns zunehmend von der heimischen Produktion und von notwendigen gesunden Lebensmitteln auf der Basis von tierischem Eiweiß verabschieden. Ganz nebenbei: Wir sind es bei der Versorgung mit Obst und Gemüse gewohnt, dass in anderen Ländern für uns produziert wird. Gerade 20 Prozent des Obstes und 36 Prozent des Gemüses werden hierzulande erzeugt.


Wirtschaftskraft auf dem Land geht verloren

Erst kürzlich haben Wissenschaftler analysiert, welch dramatische Folgen politisch bedingte Einschränkungen der Landwirtschaft auf die Wirtschaft, die Arbeitsplätze und eine Region wie das nördliche Niedersachsen haben würden [3]. Schon bei einem geringen Rückgang der Viehhaltung geht die Bruttowertschöpfung in der Agrarwirtschaft um 20 Prozent und in der Nahrungs- und Futtermittelindustrie um 11 Prozent zurück. Die Beschäftigungsverluste sind mit 20 bzw. 12 Prozent fast ebenso hoch. Bei einem starken Rückgang, wie er gerne von Politik und NGOs gefordert wird, bricht die Bruttowertschöpfung in der Agrarwirtschaft um 54 Prozent und in der Nahrungs- und Futtermittelindustrie um 30 Prozent ein. Die Beschäftigungsverluste liegen bei 55 bzw. 32 Prozent.

Durch Verflechtungen mit weiteren Branchen addieren sich die Gesamtverluste bei der Bruttowertschöpfung je nach Szenario auf 1,1 bis 3,0 Milliarden Euro, bei der Beschäftigung auf 8.900 bis 23.900 Arbeitsplätze. Wohlgemerkt – allein für das nördliche Niedersachsen. Die ganze Studie lesen.

Tierhaltung ist unabdingbar für eine Kreislaufwirtschaft

Mit der Klimafrage ist es aber nicht getan. Auch Kreisläufe würden durchbrochen. Etwa 85 Prozent der pflanzlichen landwirtschaftlichen Produktion sind unmittelbar nicht für den menschlichen Verzehr geeignet. Dazu gehören z.B. Grünland (Wiesen und Weisen), Zwischenfrüchte der landwirtschaftlichen Fruchtfolge, bei der Ernte anfallende Koppelprodukte (z.B. Stroh), Nebenprodukte der Verarbeitung von Lebensmitteln (z.B. Trester, Rapsextraktionsschrot) sowie Getreide geringerer Qualitäten. Nutztiere verwerten die für Menschen nicht essbare Pflanzenmasse aus der landwirtschaftlichen Produktion und erzeugen dabei hochwertige Lebensmittel (Milch, Käse und Fleisch). Kühe und Schweine liefern zudem mit Gülle und Mist, den sogenannten Wirtschaftsdünger, quasi nebenbei mit. Ohne Nutztierhaltung müssten diese Düngermengen durch mineralische Düngemittel ersetzt werden.

Vor allem die biologische Landwirtschaft ist fast vollständig von natürlichen Düngemitteln abhängig, denn hier sind die Mineraldünger verboten. Wegen der hohen Gaspreise werden derzeit zunehmend Fabriken stillgelegt, die Mineraldünger produzieren. Die Herstellung von Mineraldünger benötigt große Mengen an teurem Gas. Ein weiterer Abbau der Tierbestände würde die aktuelle Düngerkrise weiter verschärfen.

Kommen wir nochmal zu Niedersachsen, einem der viehdichtesten Bundesländer. Dort hat der Nährstoffbericht festgestellt, dass bei Stickstoff bereits jetzt ein Defizit besteht, welches durch den Einsatz von Mineraldüngern aufgefüllt werden muss. Der Stickstoffeintrag war also geringer als der Pflanzenbedarf. Die Anstrengungen der Landwirtschaft zur Vermeidung von Überdüngung haben ebenfalls gegriffen. Jetzt müssen betriebliche und überbetriebliche Nährstoffkreisläufe gestützt werden anstatt sie weiter zu schwächen.

Es gibt also gute Gründe, einen weiteren Abbau der Tierbestände in Deutschland zu stoppen und vereinfachte Forderungen nach einem Ausstieg aus der Tierhaltung als das zu benennen, was sie sind: Konzepte von gestern.