Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat sich jetzt einen Teilaspekt dieses Gesamtkonzepts herausgegriffen und ein Eckpunkte-Papier für eine Tierwohlabgabe – auch als „Tierwohlcent“ bekannt – entworfen. Das Papier wirft jedoch mehr Fragen auf, als es Antworten liefert.
Hilft der Tierwohlcent dem Tierwohl?
Das Eckpunkte-Papier des BMEL beschreibt: „Geplant ist eine Verbrauchsteuer, deren Einnahmen in den Bundeshaushalt fließen werden“. Als Ziel wird zwar das Generieren von Einnahmen für „wichtige vornehmlich landwirtschafts- und ernährungspolitische Vorhaben“ angegeben, doch bereits wenige Zeilen später heißt es: „Eine verbindliche Bindung der Einnahmen für die Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung oder anderer landwirtschaftlicher Vorhaben ist nicht mit dem Unionsrecht (EU) vereinbar und könnte daher nicht gesetzlich normiert werden“.
Wenn eine Fleischsteuer für mehr Tierwohl sorgen soll, muss das gesamte Steueraufkommen in vollem Umfang und dauerhaft den transformationswilligen Landwirten in Deutschland zugutekommen. Eine Verbrauchssteuer zur reiner Konsumsteuerung mit dem Ziel den Fleischverzehr zu verringern hilft dem Tierwohl nicht, sondern belastet lediglich eine weitere Branche und die Konsumenten in Deutschland mit zusätzlichen Abgaben.
Könnten deutsche Tierhalter einseitig belastet werden?
Aus Gründen des fairen Wettbewerbs soll die Steuer auch auf Waren aus Mitglied- und Drittstaaten erhoben werden. Dies dürfte mit dem Beihilferecht der Europäischen Union nicht vereinbar sein, wenn die damit verbundenen Einnahmen an die deutschen Nutztierhalter ausgeschüttet würden. Würden jedoch nur Waren aus deutscher Produktion besteuert, um die beihilferechtlichen Zulässigkeit zu erreichen, würde dies eine deutliche Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tierproduktion bedeuten, die bereits heute im internationalen Vergleich sehr hohe Tierwohlstandards erfüllt. Es ist zu erwarten, dass dann günstigeres Fleisch zunehmend aus dem Ausland importiert wird.
Schafft eine Tierwohlabgabe die nötige Verlässlichkeit?
Der Umbau z.B. eines Stalls erfordert erhebliche Investitionen des Landwirts. Diese wird er nur dann tätigen, wenn er eine langfristige und verlässliche Förderung für die zusätzlichen Kosten erhält. Das kann nicht allein über die Einführung einer Fleischsteuer erreicht werden. Diese kann z.B. bei Haushaltsknappheit für andere Zwecke eingesetzt werden. Und dass man bei Steuerfragen nicht immer mit Verlässlichkeit rechnen kann, hat die Anhebung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie zuletzt gezeigt. Die Lösung hier wären langfristige Verträge zwischen Staat und Landwirten, wie sie die Borchert Kommission vorgeschlagen hat.
Wieviel teurer wird Fleisch?
Eine zusätzliche Abgabe oder Steuer, auch wenn sie sich mit dem Begriff Tierwohlcent tarnt, wird Fleisch weiter verteuern. Schon heute hat Deutschland mit die höchsten Fleischpreise innerhalb der EU. Doch auf die Frage zur genauen Höhe der geplanten Steuer steht im Eckpunkte-Papier des BMEL nichts Konkretes. Die aktuelle Formulierung regt allerdings zum Nachdenken an: „Die Höhe des Steuersatzes wäre frei skalierbar und ist politisch zu entscheiden“.
Die Politik soll also entscheiden, wer sich das Grundnahrungsmittel Fleisch künftig noch leisten kann. Was letztendlich – und mit welchem bürokratischen Aufwand – bei den umbauwilligen Landwirten ankommen wird, ist dagegen völlig unklar.
Auch die Streichung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf tierische Erzeugnisse ist keine Lösung: viele rechtlichen Voraussetzungen für den Umbau der Landwirtschaft für mehr Tierwohl bleiben auch bei dieser Form ungeklärt: Dabei geht es unter anderem um das Baurecht, Emissionsrecht etc., womit auch der tatsächliche Förderbedarf in der Tierhaltung noch nicht ermittelt werden kann.
Tierwohl? Ja!
Das steht sowohl für immer mehr Verbraucher – zumindest in Deutschland – als auch für die Branche außer Frage und dafür wurde bereits viel getan: Deutschland hat im weltweiten Vergleich mit die höchsten gesetzlichen Standards bei Tierwohl und Umweltschutz. Und Landwirte, Fleischwirtschaft und Lebensmittelhandel haben mit der Initiative Tierwohl einen marktgetragenen Ansatz entwickelt , der es den Konsumenten bereits heute erlaubt, aus verschiedenen Tierwohlstufen auszuwählen.