Im Kern geht es um die Frage, wie wir hierzulande die Tierhaltung verbessern können, ohne dass die damit verbundenen höheren Kosten dazu führen, dass Einzelhandel, Verarbeiter und andere Fleischverwender auf Ware aus Nachbarländern ausweichen und dies zur Verlagerung der Tierhaltung in Länder mit geringeren Tierwohlstandards führt.

Die Tierhaltungsbedingungen sollen vor allem durch mehr Platz im Stall, mehr Auslauf sowie mehr Außenklima naturnaher gestaltet werden. Hinzu kommen weitere Maßnahmen, die ein artgerechtes Tierverhalten unterstützen sollen. Weniger Tiere auf derselben Fläche und, damit verbunden, zusätzliche bauliche Anforderungen und erhöhter Arbeitsaufwand bedeuten höhere Kosten. Ställe müssen um- oder neugebaut werden. Das geht nicht von heute auf morgen. Deshalb wird eine schrittweise Umstellung der Tierhaltung bis zum Zieljahr 2040 vorgesehen.

Die Tierhaltungskriterien werden für jede Tierart in drei Stufen vorgegeben. Vereinfacht, können die Stufen so beschrieben werden:

  • Stufe eins erfordert vor allem mehr Stallfläche pro Tier und macht Vorgaben für Tränken, Fütterung und Beschäftigung der Tiere.
  • In Stufe zwei muss den Tieren zusätzlicher Platz und Kontakt zum Außenklima gegeben werden.
  • In Stufe drei kommt vermehrter Auslauf hinzu.

Diese Anforderungen kann heute kaum ein Stall erfüllen, und nur wenige bestehende Gebäude können in offene Ställe umgebaut werden. Der Umbau der Tierhaltung erfordert deshalb hohe Investitionen für Um- und Neubauten. Das braucht nicht nur Zeit und Geld, sondern auch Planungssicherheit für die Landwirte und den Willen der Politik, die Mittel hierfür bereit zu stellen. Dabei geht es nicht allein um die Finanzierung, auch die rechtlichen Voraussetzungen für die erforderlichen Baumaßnahmen müssen noch geschaffen werden.

Verschiedene wissenschaftliche Studien haben belegt, dass die große Mehrheit der Bürger mehr Tierwohl fordert, die Verbraucher jedoch weit überwiegend nicht bereit sind, höhere Produktpreise dafür zu zahlen. Diese sogenannte Bürger-Konsumenten-Lücke schließt das Borchert-Papier mit seinen Empfehlungen zur Finanzierung der zusätzlichen Tierwohlkosten durch die Gesellschaft – das heißt durch staatliche Ausgleichszahlungen für die Umsetzung der vorgegebenen Tierwohlmaßnahmen.

Jetzt ist die Politik am Zuge. Sie muss schnell die Weichen stellen und die Finanzierungsgrundlage festlegen. Die Fleischwirtschaft spricht sich dafür aus, zur Gegenfinanzierung des Tierwohls den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für tierische Erzeugnisse von derzeit 7 Prozent zu streichen und auf den Regelsteuersatz von 19 Prozent anzuheben. Das wäre ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand problemlos machbar und fair, da es nur diejenigen Konsumenten betrifft, die tierische Erzeugnisse kaufen. Die erzielten Mehreinnahmen müssen direkt in den Umbau der Tierhaltung in Deutschland fließen.

Mehr Tierschutz ist gewollt und machbar. Die Fleischwirtschaft hat das erkannt, sich bereits vor sieben Jahren mit der Initiative Tierwohl auf den Weg gemacht und konkrete Verbesserungen erzielt. Dies gilt es nun sinnvoll mit der staatlichen Initiative zu verbinden und die Nutztierhaltung in Deutschland zukunftsfähig zu gestalten.

Verbraucher können derweil beim Supermarktbesuch auf Tierwohl achten. Seit 2019 finden sie bei allen großen Supermärkten und Discountern auf den Verpackungen eine vierstufige Haltungsformenkennzeichnung. Sie informiert darüber, wie die Tiere bis zur Schlachtung gelebt haben. So können Konsumenten schon jetzt durch eine aktive Kaufentscheidung das Tierwohl in der deutschen Tierhaltung unterstützen.

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